Eine nie zuvor da gewesene Situation: Genetisch sind wir fit für Hungerzeiten, nicht aber fürs Schlaraffenland. Es erfordert eine Menge Willenskraft und Energie, sich freiwillig zu beschränken, unbequeme Bewegung auf sich zu nehmen, Rohkost zu kauen statt Smoothys zu schürfen und ab und zu den Mund geschlossen zu halten, wenn’s was zu futtern gibt. Dafür gibt es keinen Zaubertrick, das ist harte Willensarbeit – gegen lebenslange Gewohnheiten und gegen unseren Instinkt, möglicht schnell, möglichst bequem und möglichst viel zu futtern.
Das Prinzip: Energie-Aufnahme reduzieren
Eigentlich scheint es ja ganz einfach: Übergewicht sammelt sich an, wenn man mehr Energie aufnimmt, als verbraucht. Alle Diäten reduzieren irgendwie die Kalorienzufuhr nach unten. Das Problem: der Körper beginnt zu sparen. Er senkt die körperliche Aktivität – man wird müde. Er senkt die Temperatur – man friert. Er verwertet jedes Fitzelchen Essen – man bekommt Verstopfung. Die Muskelmasse wird stärker als die Fettpolster abgebaut – deshalb sinkt der Kalorienbedarf, denn Muskelzellen verbrauchen Energie – im Gegensatz zu Fettzellen. Das Ende vom Lied: Man nimmt wieder zu, sobald man den Diätpfad verlässt und wieder „normal“ isst. Im schlimmsten Fall wiegt man nachher mehr als vor der Diät – der gefürchtete Jojo-Effekt tritt ein.
Das Jonglieren mit den Nährstoffen
Die meisten Diäten senken nicht nur die Kalorienzufuhr – sie verändern auch die Verhältnisse der Nährstoffe zueinander und versuchen so, den Stoffwechsel auszutricksen.
Eiweiß..wird zu einem kleinen Teil benötigt, um die Zellsubstanz zu erneuern. Wird mehr Eiweiß gegessen, dann dient es ebenfalls der Energiezufuhr. Dabei entfaltet Eiweiß eine – wie die Wissenschaft sagt – „spezifisch dynamische Wirkung“. Es muss umgebaut werden, bei dieser Reaktion entsteht Wärme. Ein Teil der Kalorien verpufft also, gleichzeitig läuft unser innerer Motor auf Hochtouren. Die Hebel stehen auf Verbrennung: gut fürs Abnehmen. Und es macht satt. Deshalb arbeiten manche Diäten mit Eiweißkonzentraten – ein Riesengeschäft. Klassiker dieser Richtung sind Low carb, die Mayodiät (9 hartgekochten Eier am Tag), die Managerdiät oder die Logi Methode.
Kohlenhydrate..werden am schnellsten abgebaut – vor allem, wenn sie aus weißem Mehl, Zucker oder Säften stammen: Sie gehen als Glukose in unser Blut und lösen eine Insulinausschüttung aus, die den Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert. Insulin ist auch dafür zuständig, überschüssige Energie in Fett umzubauen und zu speichern. Es ist quasi ein Dickmacher. Es gibt aber auch Kohlenhydrate, die langsamer abgebaut werden, wie z.B. Vollkorn, derbes Gemüse oder Obst. Die Kombination von Fett und Eiweiß kann den Verdauungsprozess ebenfalls verlangsamen. Ein Maß für die „insuline Wirkung“ sind der Glykämische Index (kurz Glyx) bzw. Load: Je höher er ist, desto schneller steigt der Blutzuckerspiegel. Diesen Effekt machen sich Glyx-Diät und Montignac-Methode zunutze: Lebensmittel mit niedrigem Glyx werden bevorzugt, Süßes und Brot gemieden.
Fett..war lange der Bösewicht. Denn es wird für Arteriosklerose verantwortlich gemacht, hat die höchste Energiedichte (9 kcal/g) und ist sehr häufig versteckt in Süßigkeiten, Fertiggerichten, Wurst und Käse. Low fat heißt entsprechend auch eine ganze Bewegung – auch konventionelle Diäten setzen gerne den Fettgehalt herab, nach dem Motto: Gummibärchen statt Schokolade. Die gesunden und essentiellen mehrfach ungesättigten Fettsäuren werden dabei häufig vergessen. Ganz bewusst auf Fettkonsum setzt die Atkins Diät, und Low Crab – beide begrenzen Kohlenhydrate extrem. Erstaunlicherweise hat das kurzfristig eine Verbesserung des Blutfettspiegels zur Folge. Über mögliche negative Langzeitschäden wird noch diskutiert.
Das Trainieren von Verhalten
Nicht nur was – auch wie wir essen spielt eine Rolle. Der Trend geht zu drei Hauptmahlzeiten, ja sogar zum „dinner cancelling“. Die wissenschaftliche Datenlage zur Frage der Häufigkeit ist dünn. Allerdings sprechen jüngste Studien eher für eine zeitliche Begrenzung von Essen. Gut nachzuweisen ist dagegen der positive Effekt von Bewegung. Denn die Energiebilanz lässt sich ja auch durch Erhöhung des Verbrauchs verändern! Dass ausreichend Schlaf wichtig ist für ein gesundes Gewicht, ist ebenfalls eine neue Erkenntnis. Die genaue Erklärung steht noch aus – vermutet werden hormonelle Mechanismen, die an die Nachtruhe geknüpft sind. Bisher ungelöst sind die Rätsel genetischer Veranlagung – oder auch die Rolle der Darmflora.
Gibt’s ein Patentrezept?
Du ahnst es schon: nein! Je nach Veranlagung und Vorlieben führen unterschiedliche Wege zum Ziel. Eine bessere Ernährungsbildung, mehr Bewegung und eine vernünftige Ernährungserziehung von klein auf kann vermeiden, das sich Fettpolster festsetzen. Wehret den Anfängen heißt die Devise. Und das ist tatsächlich eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, die Lebensmittelindustrie und Handel mit ihrem Angebot ebenfalls betrifft. Entscheidend scheint aber die eigene Motivation: Das do-it-yourself Abnehmen ohne Gruppe oder Beratung und regelmäßiges Wiegen sind in der Mehrzahl der Studien für erfolgreiches und langfristiges Abnehmen entscheidend: Yes, I can!
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Auch auf YouTube kläre ich über Diäten auf!