Kinderernährung ist eines meiner absoluten Lieblingsthemen, neben dem Darm natürlich. Wie Kinder heute essen, beeinflusst die Gesundheit unserer Gesellschaft, jetzt und in Zukunft. Aber wie ausgewogen essen die Kinder in Deutschland eigentlich? Was läuft gut, woran mangelt es und was könnt ihr tun, um euren Kindern gesundes Essen anzubieten?
Welche Forschung ist aktuell von Bedeutung?
KiGGs ist eine neue große Studie des Robert Koch Instituts zur Gesundheit und dem Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen. Sie liefert riesige Datenmengen, um z.B. der Regierung ein möglichst exaktes Bild davon zu geben, wie gesund die Kinder in Deutschland leben. Dafür begann man 2003 über 17.000 Teilnehmende zu begleiten, indem man sie mehrfach untersucht und befragt hat; bis 2017. Seitdem werten Forschende die Ergebnisse aus, um die Ergebnisse zu verstehen, zu bewerten und zu diskutieren.
Ein großer Teil der Studie hat sich mit dem Ernährungsverhalten von Kindern auseinandergesetzt: Diese Daten brechen wir jetzt einmal gemeinsam herunter!
Was läuft gut?
Leider ernähren sich Kinder im Schnitt nicht ausgewogen, der Zustand ist eher besorgniserregend. Es gibt jedoch ein paar gute Nachrichten: Der Anstieg übergewichtiger Kinder ist gestoppt. Zuletzt waren genau so viele Kinder übergewichtig, wie 10 Jahre zuvor, nämlich 15%. Damit liegen sie außerdem weit unter den Erwachsenen, von denen etwa die Hälfte von Übergewicht betroffen ist.
Außerdem nehmen Kinder und Jugendliche im Schnitt mehr als genug Eiweiß zu sich. Tatsächlich sogar mehr als doppelt so viel, wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen. Zur Orientierung: Es sollten etwa 1 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag sein.
Zum Glück trinken immer weniger Kinder regelmäßig zuckrige Getränke. Während 2008 noch 30% täglich Süßes tranken, bestätigten das 2018 nur noch 20%. Leider ist das immer noch viel zu hoch und zuckerhaltige Getränke sollten bei niemandem an der Tagesordnung stehen – womit wir auch schon beim Handlungsbedarf sind.
Wo brennt’s?
Kurz zur Wiederholung: Wir nehmen jeden Tag Essen zu uns, das uns Energie liefert. Diese Energiemenge können wir z.B. in Form von Kalorien messen. Und dann können wir berechnen, zu welchen Anteilen unsere aufgenommene Energie aus Fett, Eiweiß oder Kohlenhydraten stammt.
Aus Zucker stammt nun durchschnittlich ein ganzes Viertel der Gesamtenergie, schon bei den Kleinsten ab einem Jahr! Das schließt alles Mögliche, wie Obst, Süßigkeiten, Limonaden und gezuckerte Milchprodukte mit ein. Zum Vergleich: Laut der WHO sollten höchstens 10% aus freiem Zucker (in Form von Süßigkeiten, Honig etc.) stammen.
Darüber hinaus stammen circa 15% der Gesamtenergie aus gesättigten Fetten. Dazu zählen vor allem fettreiche tierische Produkte wie Käse, Butter oder Sahne. Leider entspricht das ziemlich genau den Essgewohnheiten der Erwachsenen.
Was kommt also zu kurz? Eindeutig Gemüse und Obst. Insgesamt sollten fünf Handvoll am Tag gegessen werden. Leider isst jedes fünfte Kind nicht einmal eine Portion Gemüse oder Obst am Tag.
Bei solch einer einseitigen Ernährung kann es schnell mal zu einem Mangel an Vitaminen oder Mineralstoffen kommen. Kritisch sind vor allem Vitamin D, Jod, Eisen und Calcium. Deshalb gehe ich unten darauf ein, wie solch ein Mangel vorgebeugt werden kann.
Was die Studienergebnisse (nicht) aussagen
Eine gängige Methode bei solchen Studien ist, ein Ernährungstagebuch auszuwerten. Konkret schreiben die Teilnehmenden dabei auf, was sie wann essen. Damit errechnen dann die Forscher*innen, wie viel von welchen Nährstoffen aufgenommen wurde, die sogenannte Zufuhr. Dann checken sie, was zu kurz kommt.
Das heißt aber nicht, dass sie einen Mangel im Körper feststellen, da sie nicht wissen, wie gut der Körper die Nahrung verwerten kann, ob im Körper noch große Nährstoff-Vorräte sind, wie viel verbraucht wird, und und und…
Um zu checken, was zu kurz kommt, vergleichen sie außerdem die errechnete Zufuhr mit den sogenannten Zufuhrempfehlungen. Diese sagen aus, wie viel man im Schnitt zu sich nehmen sollte, um in keinen Mangel zu geraten. Auch die Zufuhrempfehlungen sind lediglich genormte Erfahrungswerte, die individuelle Unterschiede nicht berücksichtigen.
Bei Studien wie KiGGs ist so eine Verallgemeinerung notwendig. Sie richten sich nämlich an Regierungen und Organisationen, damit sie Maßnahmen, wie z.B. eine Zuckersteuer oder Richtlinien für das Kitaessen sinnvoll planen können.
Ob du, ich oder die deutsche Bevölkerung einen Vitamin D-Mangel haben, lässt sich hingegen nur durch individuelle Tests, z.B. bei der Hausärztin in Form von Blutproben, sicher feststellen.
Was nun tun?
Auch wenn KiGGs also nichts Konkretes über den Ernährungsstatus deines Kindes aussagt, ist es sicherlich nicht verkehrt, sich an folgenden Tipps zu orientieren. Das gilt übrigens auch für Erwachsene! Am sinnvollsten ist und bleibt es sowieso ein gutes Vorbild zu sein. Kinder kopieren das Verhalten ihrer Eltern.
- Verzichtet weitgehend auf süße Getränke. Wenn Mineralwasser nicht angenommen wird, wie wäre es dann Früchtetee vorzukochen? Das schmeckt auch mit Eiswürfeln… Limo gibt es dann am Wochenende.
- Bei Süßhunger greift besser auf ganzes Obst (keine Säfte oder Quetschies) oder vollwertigere Süßigkeiten auf Dattel- und Nussbasis zurück.
- Achtet auf den Zuckergehalt in jedem verarbeiteten Lebensmittel. Der Zucker versteckt sich manchmal gut!
- Bietet mehr Gemüse und Obst an (gerne als Rohkost), z.B. im Frühstück oder als Snack zwischendurch. Integriert es (gerne versteckt) in so viele Mahlzeiten wie möglich.
- Reduziert tierische Lebensmittel. Ersetzt zum Beispiel Sahnesoße mit einer weißen Soße aus Nussmus und Wasser. Schmeckt hervorragend. Nutzt außerdem lieber Raps- und Olivenöl statt Sonnenblumenöl. Mit Öl lässt sich oft auch gut backen!
- Versucht ggf. fetten Seefisch zu integrieren. Er enthält Vitamin D, Jod & ungesättigte Fette und Jod.
- Supplementiert Vitamin D: vor allem im Winter. Alle, die meistens drinnen sind oder hohen Sonnenschutz auftragen, sollten aber auch Supplementierung im Sommer in Betracht ziehen.
- Nutzt jodiertes Speisesalz.
- Für mehr Eisen setzt auf Vollkornprodukte (Haferflocken), Gemüse und Hülsenfrüchte. Profitipps: Getreide und Hülsenfrüchte über Nacht einweichen und mit Vitamin C kombinieren.
- Für mehr Calcium Milch, grünes Gemüse, wie Brokkoli, Grünkohl und Rucola sowie Samen und Nüsse konsumieren.
- Trinkt Calciumreiches Mineralwasser (> 150 mg/L).
- Ernährt euch allgemein bunt und orientiert euch am DGE-Ernährungskreis.
Wenn ihr jetzt noch konkrete Tricks für eine gesunde Ernährung im Alltag mit Kindern braucht, schaut doch mal hier in mein neues Youtube-Video rein!
Oder bestellt die erweiterte Neuauflage von meinem Veggie for family schon mal vor, für eine Vielzahl familientauglicher Gemüserezepte!
Folgende Quellen haben wir zur Recherche genutzt:
- Ergebnisbroschüre KiGGs, 2018, RKI
- Burgard et al., Unfavorable nutrient intakes in children up to school entry age: results from the nationwide German KiESEL study, 2024
- Heuer et al., Hauptquellen für Gesamtzucker und gesättigte Fettsäuren bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland–Ergebnisse aus KiESEL und EsKiMo II, 2023, Abstractband 60. DGE Kongress
- Richter et al., Obst- und Gemüseverzehr zu unterschiedlichen Mahlzeiten: Ergebnisse aus EsKiMo II für 6- bis 11-jährige Kinder, 2023, Abstractband 60. DGE Kongress
- Leitlinie Fett 2015, DGE
- Konsensuspapier Zucker, 2018, DAG, DDG, DGE
- Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland – Ergebnisse der Studie GEDA 2019/2020-EHIS, 2022, Journal of Health Monitoring