Ich muss gestehen: Ich bin parteiisch. Weil ich schon immer gerne Milch getrunken habe. Nicht etwa Kakao oder Kaba – nein wirklich Milch. Schon in der Schule war ich damit Exot – zwischen allen Schoki-Trinkern. Und heute fühle ich mich wieder so, wenn ich einfach Milchkaffee trinke. Und zwar mit Kuhmilch, nicht etwa mit Hafer-, Reis-, Cashew-, Soja- oder Mandelmilch. Was ist passiert?
Da ist das Milchfett, das Jahrzehntelang als sehr bedenklich galt – sodass quer durch alle Leitlinien nur noch fettarme Milch geisterte. Bis neuerdings das Fett eine Aura von wohltuender Wirkung hat – vor allem, wenn die Kühe auf der Weide grasen. Und wenn die kleinen Fettkügelchen mit ihrer Membran erhalten bleiben. Dann erhöht Milch nämlich nicht den Cholesterinspiegel, wirkt vorbeugend gegen Allergien, beugt Diabetes, Bluthochdruck und Koronare Herzkrankheiten vor – und macht die Knochen stärker. Und das alles erst recht, wenn sie zu Joghurt oder Käse fermentiert ist.
Gleichzeitig scheint eine ganze Generation plötzlich unter Laktose-Unverträglichkeit zu leiden.
Was angesichts der großen Auswahl an laktosefreien Produkten weiter zunehmen wird: Das Enzym Laktase wird nämlich nach Bedarf produziert. Und wenn es nicht mehr gebraucht wird, geht die Laktasebildung weiter zurück. Man kann sich also eine Unverträglichkeit „antrainieren“. Da in unseren Breiten Milch seit Jahrtausenden ein wichtiges Lebensmittel war – anders als in Fernost, in Grönland oder im Amazonasgebiet – haben wir genetisch so auch übers Säuglingsalter hinaus die Fähigkeit erhalten, Milchzucker abzubauen. Bis heute.
Und nun? Milchen aus Getreide, Nüssen oder Hülsenfrüchten in den Regalen. Meistens süßer schmeckend als Kuhmilch – und oft aromatisiert und zusätzlich gezuckert. Lactosefreie Milch ist übrigens auch immer süßer als die „normale“.
Nichts gegen die Vielfalt!
Ich koche Polenta gerne mit Hafermilch. Weil die nicht so gehaltvoll ist und die zarte Süße der Polenta gut tut. Manchmal binde ich die Sauce mit Sojacreme – die ist nicht so fett wie Sahne und gerinnt nicht wie der leichte Sauerrahm.
Und klar müssen sich Haltung der Milchkühe und entsprechend der Milchpreis ändern! Weidemilch geht in die richtige Richtung: so halten wir die Wiesen im Mittelgebirge offen und nutzen Land, das zum Ackerbau nicht taugt. Leider ist die Ökobilanz wegen des Methans – Kühe pupsen – trotzdem nicht so toll. Aber immerhin sind sie als Grasfresser dann nicht mehr Nahrungskonkurrenten des Menschen. Doch selbst die Milch glücklicher Kühe ist für Tierschützer ein no go. Wir befinden uns nämlich wieder in einem Krieg! So wie früher die Butter-Margarinefront verhärtet war, bildet sich nun ein Milch gegen Pflanzendrink-Damm. Und da wird es politisch. Denn mit Pflanzendrinks kann man viel mehr Geld machen als mit Milch! Die Spanne ist riesig! Da sieht die Milch schnell alt aus. Was das für die Knochen der nächsten Generation bedeutet, wissen wir in 50 Jahren.
Und so wünsche ich mir etwas mehr „sowohl als auch“, weniger Glaubenskrieg und mehr Vielfalt, die nicht völlig mit unseren Ess-Traditionen bricht.
Und die uns nicht total abhängig macht von hoch verarbeiteten Lebensmitteln.
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