Bestimmt habt auch ihr eine Person in eurem Umfeld, die Schichtdienst leistet – oder arbeitet vielleicht sogar selbst in Schichten!? Denn immerhin 16 Prozent der Deutschen sind Teil des Schichtsystems. Das ist eine beachtliche Menge unserer Bevölkerung. Was sollten diese Menschen beachten, um gesund zu bleiben? Und gibt es eigentlich Ernährungs-Tabus? Ich habe das Thema Ernährung bei Schichtarbeit mal genauer unter die Lupe genommen.
Aus dem Takt geraten
Wir Menschen sind tagaktiv. Das ist evolutionär bedingt und in uns angelegt. Für unseren Körper symbolisiert Dunkelheit also Nachtruhe. Bestimmte Funktionen, wie etwa unsere Verdauung und Entgiftung, nehmen ab. Auch der Puls und die Atmung werden langsamer, unser Blutdruck sinkt und die Körpertemperatur reguliert sich. Wir befinden uns im Energiesparmodus.
Wenn jemand nun im Schichtdienst tätig ist, muss der Körper ständig einen „Schichtwechsel“ durchlaufen. Der Körper richtet sich nicht mehr nach der inneren Uhr, sondern nach einem Dienstplan. Studien zeigen, dass selbst bei Menschen, die über Jahre hinweg nachts arbeiten, keine völlige Umstellung auf einen Nachtrhythmus stattfinden kann.
Folgen der Schichtarbeit
Die Folgen sind vielfältig. Sie können die Arbeitnehmenden körperlich, aber auch psychisch belasten:
- Schlafstörungen
- Schlappheit
- Appetitlosigkeit
- Völlegefühl
- Verstopfungen
- Mangelernährung (Vitamin-, Mineralstoff- und Ballaststoffmangel)
- erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 und Adipositas
- psychische Auswirkungen des leidenden Soziallebens und fehlenen Tag-Nacht-Rhythmus
Ob im Krankenhaus, in der Pflege oder umgeben von lauten Maschinen – Berufe, die in Schichten ausgeübt werden müssen, sind fordernd. Deshalb ist es umso wichtiger, den Körper mit den richtigen Lebensmitteln zu unterstützen und nicht noch zusätzlich zu stressen.
Schlafmangel bedeutet Stress
Wenn ihr viel arbeitet und wenig schlaft, verbrennt ihr eigentlich mehr Energie als ein Langschläfer. Allerdings lässt Schlafmangel das Risiko für Übergewicht steigen. Menschen, die nur 5 Stunden schlafen, haben ein 50 % höheres Risiko für Übergewicht! Woran liegt das?
Sind wir alle hormongesteuert!?
Unser Körper wird von Hormonen gelenkt. Diese sind unter anderem verantwortlich für unseren natürlichen Rhythmus, der in 24 Stunden getaktet ist. Das Hormon Cortisol ist dabei unser Wachmacher. Morgens wachen wir auf, weil der Cortisol-Spiegel hoch ist. Im Laufe des Tages sinkt er immer tiefer. Im Gegenzug nimmt das Hormon Melatonin zu – und macht uns müde.
Seid ihr nun durch ständige Schichtwechsel und ein hohes Arbeitspensum gestresst, so gerät der Hormonhaushalt durcheinander. Unser Muntermacher-Hormon, das Cortisol, steigt nicht mehr so, wie es sollte. So fehlt auch das Melatonin. Wenn ihr euch völlig erschöpft und müde fühlt und trotzdem Probleme mit dem Einschlafen habt, ist das ein Zeichen für Stress.
Der allseits bekannte Heißhunger und seine Ursachen
Wenn wenig Zeit ist und der Stresspegel steigt, greifen wir gerne zu Süßem und Fettigem. Hier ein Schokoriegel, da ein paar Chips… So summieren sich die Kalorien. Schnell habt ihr mehr gegessen, als ihr mit geregelten Hauptmahlzeiten zu euch nehmen würdet. Das liegt nicht unbedingt an mangelnder Disziplin. Auch hier haben Hormone ihre Finger im Spiel!
Leptin sendet Sättigungssignale
Denn Schlafmangel hat auch Auswirkungen auf die Produktion der beiden Hormone Leptin und Ghrelin. Leptin wird im Fettgewebe gebildet und kontrolliert ständig, ob wir ausreichend Energiereserven für eventuelle Hungersnöte haben. Ist genug Energie vorhanden, sendet das Leptin Sättigungssignale ans Gehirn. Misst das Leptin allerdings ein ständiges Überangebot, wie es bei Übergewicht der Fall ist, scheinen die Sättigungssignale nicht mehr zu wirken. Wir werden immun gegen Leptin – und fühlen uns nie satt.
Ghrelin macht Appetit
Der Gegenspieler zum Leptin ist das Hormon Ghrelin. Es wird im Magen-Darm-Trakt gebildet und meldet sich, wenn der Magen leer ist. Sind wir allerdings müde und leiden unter ständigem Schlafmangel, so lässt sich ein erhöhter Ghrelin-Spiegel nachweisen. Folge ist ständiger Appetit. Wenn ihr also unter Heißhunger leidet, muss das nicht an mangelnder Disziplin und Kontrolle liegen!
Wie kann ich meinen Körper unterstützen?
Da durch den regelmäßigen Schichtwechsel der Tagesrhythmus fehlt, ist es umso wichtiger, einen Rhythmus bei den Mahlzeiten beizubehalten. Je nach Schicht könnt ihr euch an diesem Konzept orientieren:
FRÜHSCHICHT:
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- ausgewogenenes Frühstück vor Schichtbeginn
- bei Bedarf: leichte Zwischenmahlzeit im Dienst
- Mittagessen in der Mittagszeit im Dienst
- bei Bedarf: leichte Zwischenmahlzeit im Dienst
- Abendessen zu Hause nach Feierabend
SPÄTSCHICHT:
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- Frühstück und Mittagessen vor Schichtbeginn zu Hause zur gewohnten Zeit
- bei Bedarf: leichte Zwischenmahlzeit im Dienst
- Abendessen in der Abendzeit im Dienst
NACHTSCHICHT:
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- Frühstück und Mittagessen vor Schichtbeginn zu Hause zur gewohnten Zeit
- ausgewogenes Abendessen zu Hause vor Schichtbeginn
- bei Bedarf: leichte Zwischenmahlzeit gegen Mitternacht im Dienst
Welche Lebensmittel sind geeignet?
Eine bewusste Ernährung ist wichtig, um anstrengende Schichten gut durchzuhalten. Euer Körper freut sich über frisches Gemüse und Obst, Vollkorn und gesunde Fette. Vor allem Fett ist übrigens essentiell für die Bildung von Hormonen – und kann somit euren Hormonhaushalt unterstützen!
Meine Empfehlungen für euch:
Ausgewogen essen!
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- Rohkost enthält wertvolle Vitamine und Mineralstoffe und ist ideal für eine leichte Zwischenmahlzeit.
- Vollkorngetreide lässt den Blutzucker langsam steigen und hält länger satt.
- Ballaststoffe (enthalten in Vollkorn, Obst und Gemüse) sorgen für eine gute Verdauung.
- gesunde Fette (enthalten in Pflanzenölen, Nüssen, Avocado, Fisch) schenken langanhaltend Energie.
- pflanzliches und tierisches Protein (in Hülsenfrüchten, Milchprodukten, Fisch/Fleisch und Eiern) macht fit und munter.
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Viel trinken!
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- Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist entscheidend! Gerade wenn ihr euch in der Schicht viel bewegt und gestresst seid, geht das natürliche Durstgefühl häufig unter. Vergesst also das Trinken nicht.
- Wasser und ungesüßte Tees löschen den Durst und haben keine Kalorien.
- Koffein solltet ihr auf 3 kleine Tassen beschränken und spätestens 4 Stunden vor dem Schlafen weglassen. Ansonsten sind die Tiefschlafphasen verkürzt und ihr fühlt euch weniger erholt!
- Kalorien aus gesüßten Getränken vermeiden: euer Blutzuckerspiegel steigt schnell an und fällt kurz darauf ab, das sorgt für Heißhunger und ein Energietief.
- Verzichtet am besten komplett auf Alkohol, gerade wenn ihr Schwierigkeiten beim Einschlafen habt.
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Mahlzeiten vorbereiten!
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- Bereitet euch je nach Schicht ausreichend Essen vor und nehmt es mit. So beugt ihr Stressessen vor, sorgt für ausreichend Energie und erhaltet euren Biorythmus aufrecht.
- Berücksichtigt die 3 Hauptmahlzeiten Frühstück, Mittagessen und Abendessen in eurem Plan.
- Snacks sollten möglichst ballaststoffreich sein und wenig Kalorien haben. Ideal ist zum Beispiel Rohkost, Naturjoghurt mit Obst oder Nüssen oder auch ein belegtes Vollkornbrot.
- Denkt an Wasserflaschen oder auch eine Thermoskanne mit Tee.
- Mein Tipp: Macht euch vor dem nächsten Arbeitsblock einen Plan und nehmt euch 2 Stunden Zeit, um Mahlzeiten vorzukochen. Im Kühlschrank halten sich Gerichte einige Tage und auch Rohkost könnt ihr waschen und portionsweise vorbereiten. Wenn ihr das nächste Mal kocht, denkt daran, einfach etwas mehr zu kochen und einzufrieren. Wenn ihr nach einer langen Schicht hungrig nach Hause kommt, müsst ihr euch nicht noch an den Herd stellen, sondern könnt ein gesundes und selbstgekochtes Gericht aufwärmen.
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Bewusst Zeit nehmen!
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- Wenn es euch möglich ist, plant während der Schicht ausreichend Pausen ein, um zu trinken und eure Hauptmahlzeiten in Ruhe zu genießen.
- Ideal ist ein Ortswechsel zum Essen. Eure Umgebung sollte möglichst ruhig sein und ihr solltet eine Sitzgelegenheit haben. Esst ihr im Stehen oder gar im Gehen, suggeriert ihr eurem Körper zusätzlich Stress. Außerdem esst ihr „nebenbei“ und seid somit auch erst später satt und zufrieden.
- Versucht, mindestens 1 Mahlzeit am Tag in Gesellschaft einzunehmen.
- Integriert ausreichend Bewegung in euren Alltag. Vielleicht könnt ihr mit dem Fahrrad zur Arbeit radeln oder auf dem Heimweg einen Spaziergang einbauen. In den Pausen bieten sich kurze Dehneinheiten an, um den Kreislauf aufrecht zu erhalten. Und an freien Tagen könnt ihr mithilfe von Yoga und Jogging abschalten und zu euch kommen.
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Je mehr Unterstützung ihr von eurem Umfeld bekommt und je besser es euch gelingt, an freien Tagen einen Ausgleich zu schaffen, desto weniger gestresst wird euer Körper sein. Und mit der richtigen Ernährung tragt ihr einen großen Teil zu eurem persönlichen Wohlbefinden bei! Übrigens gilt das nicht nur für diejenigen, die im Schichtdienst tätig sind 😉
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