[Gastbeitrag] Ich bin Julia Ronnenberg, seit vielen Jahren Hebamme und betreue Frauen durch die aufregende Zeit der Schwangerschaft und die ersten Monate mit ihrem Baby. Neben meiner Arbeit als Hebamme schreibe ich auf meinem Hebammenblog zu diversen Themen zu Schwangerschaft, Geburt und Leben mit Baby und biete Online Rückbildungskurse sowie Geburtsvorbereitungskurse an.
Zu einer meiner Tätigkeiten als Hebamme gehört auch die geburtsvorbereitende Akupunktur, die den Körper der schwangeren Frau auf die Geburt vorbereiten soll. In diesem Artikel soll es um diese Form der Akupunktur gehen, dem viele werdende Mütter erst einmal skeptisch gegenüber stehen.
Wie wird die geburtsvorbereitende Akupunktur angewendet, was bewirkt sie und hat sie Vor- oder Nachteile? All das wirst Du in diesem Beitrag erfahren.
Besonders für Erstgebärende geeignet
Auch ich stand lange der geburtsvorbereitenden Akupunktur skeptisch gegenüber. Das änderte sich, als ich vor über 16 Jahren meine Akupunkturausbildung abschloss und regelmäßig begann, Akupunktur in der Schwangerschaft durchzuführen. So konnte ich in all den Jahren hauptsächlich positive Erfahrungen mit der alten Heilkunst machen.
Ich möchte Dir zunächst einmal die Vorteile nennen, die sich für die Geburt ergeben, wenn du auf geburtsvorbereitende Akupunktur setzt. Die Nadeln werden an bestimmten Akupunkturpunkten in den Beinen gesetzt. Das kling schmerzhaft, vertrau mir aber, das ist es nicht! Die meisten Frauen, auch die mit Angst vor Nadeln, merken meist gar nichts. Durch die Akupunkturnadeln wird der Energiefluss auf den Meridianen (Energiebahnen) gefördert, die zum Becken und der Gebärmutter führen, was zu einer Auflockerung des Muttermundes beiträgt. Das soll dafür sorgen, dass der Muttermund sich leichter öffnet und die Frauen bei der Geburt oft weniger Schmerzen empfinden. Denn ein weicher Muttermund öffnet sich im Vergleich zu einem festen Muttermund leichter. Die Frauen benötigen dadurch weniger Schmerzmittel.
Gut zu wissen: Studien konnten feststellen, dass bei Frauen, die ihr erstes Kind erwarten, sich die Eröffnungsphase der Geburt durch die geburtsvorbereitende Akupunktur um gut zwei Stunden verkürzt.
Kann eine Geburt mit Hilfe von Akupunktur eingeleitet werden?
In der Tat gibt es bestimmte Punkte, die eine geburtseinleitende Wirkung haben können. Allerdings muss der Körper bereits geburtsbereit sein. Sonst wird nicht die gewünschte Wirkung eintreten. Hier werden teilweise andere Punkte als bei der geburtsvorbereitenden Akupunktur gestochen und dies deutlich häufiger.
Es gibt einen Akupunkturpunkt, dem wehenanregende Wirkung zugesprochen wird. Dieser befindet sich am äußeren Nagelrand des kleinen Zehs (BL 67). Er tonisiert den Uterus und wird aus diesem Grund nicht ab der ersten Sitzung mit gestochen. Hier wird meist auf die zweite oder gar dritte Sitzung gewartet.
Tipp: Normalerweise kann man mit geburtsvorbereitender Akupunktur keine Frühgeburt hervorrufen. Darüber musst du dir keine Sorgen machen. Vorsichtshalber wird mit den Sitzungen jedoch frühestens ab der der 36. SSW begonnen.
Was bewirkt geburtsvorbereitende Akupunktur?
Grundsätzlich dient Akupunktur dazu, Energien im Körper fließen zu lassen. Diese alte Methode ist Teil einer traditionellen Heilkunst (TCM) und findet auf ganz unterschiedlichen Ebenen ihre Anwendung. Nachweislich ist ein guter Energiefluss wichtig für die Gesundheit und trägt einen entscheidenden Teil zur Gesunderhaltung und Genesung bei bestimmten Erkrankungen bei. Darüber hinaus kann Akupunktur eben auch in der Schwangerschaft zur Anwendung kommen. Neben typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie Schwangerschaftsübelkeit, Wassereinlagerungen, Karpaltunnelsyndrom, kann auch der komplexe Ablauf einer Geburt mit Hilfe von Akupunktur positiv beeinflusst werden.
Während der Akupunktursitzung werden den Frauen Nadeln an bestimmten Punkten gestochen, die den Energiefluss auf den Meridianen fördern. In diesem Fall laufen sie zum Becken und den Beckenorganen wie beispielsweise der Gebärmutter. Das Zentrum in gewisser Weise, welches bei der Geburt angesprochen wird. Durch diese Energie weicht der Muttermund auf und wird so auf die Geburt vorbereitet. Das ist unglaublich wichtig, wenn die Geburt losgeht. Der Muttermund muss sich in der Eröffnungsphase der Geburt langsam öffnen und das gelingt deutlich leichter, wenn er weicher ist.
Geburtsvorbereitende Akupunktur und ihre Wirksamkeit
Der weiche Muttermund sorgt dafür, dass du während der Geburt nicht so starke Schmerzen empfindest. Diesen Effekt habe ich selber bei vielen Frauen beobachten können. Du kannst also davon ausgehen, dass die Akupunktur dahingehend wirkt, die Eröffnungsphase zu verkürzen und diese weniger schmerzhaft wahrzunehmen. Was natürlich den ganz klaren Vorteil hat, dass du weniger Schmerzmittel benötigen wirst.
Wie effektiv ist die geburtsvorbereitende Akupunktur?
Die geburtsvorbereitende Akupunktur wirkt sich ausschließlich auflockernd auf den Muttermund aus. Dieser kann sich, sofern die Bedingungen optimal sind, schneller öffnen. Eine Geburt ist jedoch ein Geschehen, was von so vielen Faktoren beeinflusst wird, wie die Häufigkeit und Stärke der Wehen und der Lage des Kindes. Treten die Wehen zu selten auf oder liegt das Kind ungünstig, so dass nicht genug Druck auf den Muttermund ausgeübt werden kann, öffnet dieser sich vielleicht nur langsam. Das heißt allerdings nicht, dass die Akupunktur nicht gewirkt hat, sondern andere Faktoren die Geburt erschweren.
Die Akupunktursitzungen werden jedoch leider nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. In der Schwangerschaft hast Du Anspruch auf Schwangerenvorsorge, Beratung und Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden durch eine Hebamme. Selbst der Geburtsvorbereitungskurs wird übernommen, die geburtsvorbereitende Akupunktur ist in den meisten Fällen jedoch eine private Leistung. Diese Kosten von 20-30 € pro Sitzung musst du leider selbst tragen.
Tipp: Frag in jedem Fall Deine Krankenkasse bzgl. der Kostenübernahme für die geburtsvorbereitende Akupunktur. In einigen Fällen werden die anfallenden Kosten übernommen.
Wer führt geburtsvorbereitende Akupunktur durch?
Akupunktur kann natürlich nur dann wirken, wenn sie korrekt durchgeführt wird. Daher solltest du dich vorab informieren, wer in der Lage ist, diese Behandlung für dich durchzuführen. Viele Hebammen haben eine Zusatzausbildung und können geburtsvorbereitend akupunktieren. Ansonsten bieten Internisten, Orthopäden oder traditionell chinesisch arbeitende Ärzte Akupunktur an. Erkundige dich diesbezüglich in deiner näheren Umgebung.
Wie wird geburtsvorbereitende Akupunktur durchgeführt?
Nun habe ich so viel darüber gesprochen welche positive Wirkung Akupunktur auf den Geburtsverlauf hat. Nun interessiert dich sicher auch, was dich bei einer Akupunktursitzung erwartet und wie diese durchgeführt wird.
Wo werden die Nadeln bei einer Schwangeren gesetzt?
Grundsätzlich werden sechs bis acht Nadeln in den Beinen und an den kleinen Zeh gesetzt. Dies bewirkt eine Stimulation und wie bereits erwähnt, den Energiefluss auf den Meridianen.
Ist die Akupunktur schmerzhaft?
Nein, es ist in der Tat nur ein kleiner Pieks, da die Akupunkturnadeln sehr dünn sind. Es ist viel weniger als der Stich bei einer Spritze oder Blutentnahme. Ich persönlich nutze Nadeln aus Silikon. Diese gleiten spürbar leichter. Einige Frauen meinen, sie würden ein leichtes Kribbeln empfinden, sobald die Nadeln liegen. Das spricht dafür, dass die Energie fließt. Wenn man nichts merkt, ist dies aber auch vollkommen ok.
Wie oft wird geburtsvorbereitende Akupunktur durchgeführt?
Du kannst ab der 36. Schwangerschaftswoche mit den Sitzungen beginnen. Diese finden dann einmal in der Woche statt. Optimalerweise schafft man mindestens 3 Sitzungen der angestrebten 4. Dabei wird in der ersten Sitzung darauf verzichtet, die Nadeln am kleinen Zeh zu setzen, da diese wehenanregend wirken kann.
Wie lang dauert eine Sitzung?
Bei der Länge der Sitzung kannst Du Dich auf 20 bis 30 Minuten einstellen. So lange dauert in der Regel eine geburtsvorbereitende Akupunktur. Vorab führe ich persönlich gern ein kurzes Gespräch und danach ist es ratsam, sich noch ein wenig zu erholen und nicht sofort aufzuspringen. Manchmal tritt eine wahnsinnige Müdigkeit nach der Akupunktur auf, so dass sich viele Frauen anschließend zu Hause gerne hinlegen.
Ist eine solche Behandlung unbedenklich für das Baby?
Ja, die geburtsvorbereitende Akupunktur ist unbedenklich. Das Baby selbst bekommt davon nichts mit. Einige werdende Mütter berichten davon, dass ihr Kind während und nach der Behandlung besonders aktiv ist. Schädlich ist sie auf keinen Fall.
In welchem Fall wird eine Akupunktur abgelehnt?
Es spricht nur sehr wenig gegen eine Akupunktur. Lediglich bei Frauen, mit vorzeitiger Wehentätigkeit wäre ich etwas vorsichtiger und würde mit den Sitzungen erst ab der 37. SSW beginnen.
Ist mit Nebenwirkungen zu rechnen?
Jede Behandlung kann hin und wieder Wirkungen haben, die nicht erwünscht sind. Das ist bei der Akupunktur nicht anders. Allerdings musst du nichts Ernstes befürchten. Einige Frauen klagen über niedrigen Blutdruck und ein leichtes Schwindelgefühl direkt nach der Sitzung. Hier empfiehlt es sich, nach der Behandlung noch etwas Zeit zu nehmen. Übelkeit tritt sehr, sehr selten auf. Außerdem selten sind Reizungen an den Einstichstellen. Kommt es doch mal dazu, dass ein kleines Blutgefäß verletzt wird, kann es zu einem kleinen blauen Fleck kommen. Das dürfte aber angesichts der vielversprechenden Wirkungen zu verkraften sein. Ansonsten ist die geburtsvorbereitende Akupunktur eine harmlose und tolle Möglichkeit, seinen Körper auf das große Abenteuer, die Geburt, vorzubereiten.