Nach zwei wirklich tollen Vorkochern war ich am Mittwoch doch ganz schön unter Strom. Aber irgendwie hab ich mich auch gefreut auf die Gäste und den Abend – das liebe ich einfach. Wonach ich mein Menü zusammengestellt habe? Eigentlich wie immer, wenn ich für Gäste koche: 1. saisonal, 2. regional, 3. wohltuend, also gesund kombiniert, 4. gut vorzubereiten (der Weg zwischen Küche und Esszimmer ist ein Marathon!), 5. genug Zeit für Gäste…
Vor Eintreffen des Filmteams darf ich gar nichts tun. Jogge also um 7 mit Dackelmädchen Jussa und hole an der Ecke bei meinem Kiosk Feldsalat und Rosenkohl frisch vom Kaiserstuhl. Die Betreiber sind nämlich Nebenerwerbs-Landwirte mit tollen, eigenen Produkten. Bin hoch motiviert. Und dann warte ich und warte und warte… die stehen im Stau! Später Start also. Aber noch alles im Plan.
Was? Auch noch eine Stunde Interview?
10:15 Uhr Ankunft – erstmal verabreden wir, das unser Dackel Jussa mit von der Partie ist. Das Team richtet sich ein – Interviewräume werden gesichtet, Geräte aufgebaut. Und dann mache ich mich an die Forellenmousse – die muss ja fest werden. Reibe frischen Meerrettich, nehme die Räucherforelle aus und püriere die Filets, dann Joghurt, Schlagsahne und noch ein wenig Gelatine – ab in den Kühlschrank. Dann geht es weiter im Plan – den hab ich mir nämlich notiert und mit den Rezepten an die Küchenoberschränke geklebt. Mache ich immer so beim Testkochen.
Jetzt das Parfait machen? Und die Äpfel? Ach ja: Die Brötchen! Den Hefeteig ansetzen. Und die Grünkohlchips! Und die Rote Bete vorbereiten. UND UNSERE MITTAGSPAUSE! Denn meine Mitarbeiter haben ja mittags Hunger – und ich auch. Der vorbereitete Nudelauflauf steht schon auf der Terrasse! Puh – aber so langsam wird’s eng. Doch ich habe ja noch einen Joker: Ich streiche den Gang zum Wiehremarkt, habe ja den Feldsalat und Rosenkohl schon besorgt. Und denke: eigentlich müsste ich immer so einen Joker am Tag haben. Dann wäre ich nicht ewig zu spät…
Das Fleisch muss aber jetzt unbedingt auf den Herd – zu kurze Schmorzeiten ergeben „Langkaufleisch“ – das wäre der Untergang! Das Filmteam ist so rundum nett – vor allem zu Jussa. Ich verschwätze mich – genau davor haben mich meine Söhne gewarnt. Wer weiß, was der Sender daraus macht. Aber egal – ich kann nicht anders. Vor allem, wenn es ums Essen und Kochen geht. Also Grünzeug vorbereiten. Wie gut, dass der Tisch schon gedeckt ist – durfte ich am Vortag machen -, sonst übernimmt das nämlich immer mein Mann Edgar.
14 Uhr – Erstmal Durchschnaufen, gemütlich in der Küche essen: soviel Zeit muss sein! Das Film-Team hat jetzt auch Pause. Fürs Mittagsschläfchen reicht es bei mir aber nicht mehr. Denn jetzt kommt das Interview. Auch wieder nett – man erzählt einfach freiwillig ALLES!
Und danach geht’s rund: Rosenkohl mit Ras el Hanouth und Öl aufs Blech, Dressing machen, Polenta mit Haferdrink kochen.. Dann das: Mir rutscht das Salz aus. Zum Glück merke ich es. Also weg mit der Salz-Polenta, eine neue muss her. Oh Schreck: Ich habe keinen Polentagrieß mehr…. schnell zum nächsten Laden..und das ist nun mal Aldi vis-a-vis. Ich renne über die Straße – das ganze Filmteam auf den Fersen.
Drama, Baby, Drama…alle sind glücklich.
Ich auch, denn die neue Polenta ist bestens. Ab in die Form, noch ein bißchen Rosmarindeko – und in die geliebte Warmhalteschublade. Dafür sind die Brötchen zu wenig salzig – muss man mit der Fisch-Mousse essen, dann sind sie richtig. Nun ans Fleisch, Schokolade reiben, mit der Orangenmarmelade ins Gulasch, dafür Lorbeer, Rosmarin und Thymian raus. Ein Schuss Sahne – also es schmeckt schonmal richtig gut.
18 Uhr – Puh, der Rosenkohl muss aus dem Ofen. Und die Teller in die Warmhalteschleife – haben mir meine Testesser geliehen. Und ich muss noch die Blutorangen für den Apero auspressen. Und das Dressing für die Vorspeise. Wo ist die Serviette fürs Brotkörbchen? Achgottachgott. Warum die Dinge nie da sind, wo sie wohnen…. Meine Dinnergäste haben ja versprochen, zu spät zu kommen. Denn ich muss mich ja noch umziehen. Und kein Edgar, der schon mal die Gäste empfängt.
„Better late than ugly“ ist ja mein Motto – aber hier geht das garnicht. Weder ugly noch late beim Fernsehen.
Mein Filmteam verlässt mich – die Spätschicht folgt. Fällt mir richtig schwer: Die sind so nett, dass man ihnen wirklich alles erzählt und super zutraulich wird. Fühle mich ganz verlassen. Denn jetzt kommen die Macher – in doppelter Besetzung. Ein Team in der Küche, eines bei Tisch – alles außer (meiner) Kontrolle. Es klingelt! Meine Dinnergäste sind schrecklich pünktlich! Aber ich habs auch geschafft. Und nun ist es eben wie: Gäste bei sich bewirten! Da ist die ganze Aufregung weg – es macht einfach Spaß.
Ich muss nur zwischendrin in die Küche galoppieren, weil es ja Tellergerichte gibt. Mach ich sonst nie. Und so perfekt wie Miriam kriege ich die Deko nie hin! Ich gebe mein Bestes: Forellenkaviar reißt es raus. Und die Nockerln sehen auch ganz passabel aus. Und selbst wenn es nicht so schön aussieht: Ich muss den Salat vorher durchs Dressing ziehen – da bin ich kompromißlos – einfach weil es viel besser schmeckt. Im Zweifelsfall geht bei mir Geschmack vor Optik! Das sieht man meinem nächsten Gang auch an. Vielleicht hätte ich üben sollen? So mit Ausstechern und Balsamicosirup-Pirouetten und Fähnchen von Gemüsechips…. Zu spät! Aber die Teller sind heiß, die Gäste fröhlich – und ich auch.
Da macht es nicht mehr soviel, dass das Dessert leider eher Halbgeschmolzenes als Halbgefrorenes ist.
Mein Apfelzweierlei ist von einem herrlichen Magentarot. Jetzt noch der Zibärtli! Und ich habe fertig! Puh!
Doch von wegen den Abend entspannt bei Espresso und Schampus ausklingen lassen: Jetzt wird gearbeitet. Und bis alle Gast-Interviews durch sind, ist meine Küche auch schon wieder fast pikobello. Das Schöne: Ich kann mich ganz entspannt auf zwei weitere genüssliche Abende mit diesen lieben Menschen freuen! Und weiß jetzt schon: Das Mitmachen war richtig!
Zum Weiterlesen:
Wie die Woche zu Ende ging? Das erfahrt ihr im nächsten Blog: Mein Resümee: Was bleibt von der Perfekten-Dinner-Woche?
Und wenn Ihr Euch jetzt fragt, wie ich überhaupt beim Perfekten Dinner gelandet bin, dann lest diesen Beitrag.
Zum Nachkochen:
Bunte Gemüse-Chips (Grünkohlchips)
5 Kommentare
Dem Herrn Reinberg, schließe ich mich an. Es war ein Genuss zu zusehen. Gerne werde ich die nachfolgenden Rezepte einmal ausprobieren. Toll fand ich die Beschreibung Ihres Tages. Ich denke , der Zuschauer kann sich gar nicht vorstellen, was das für ein Stress ist.
Liebe Grüsse
Antje Aly
Sehr geehrte Frau von Cramm,
heute habe ich mir die Zeit genommen und mir Ihren Tag beim perfekten Dinner angeschaut. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, es war ein sehr schöner Tag. Vor allem Ihr Dackelmädchen hat es mir angetan. Diese süßen Knopfaugen.
Gerne würde ich Ihnen einen Tipp verraten. Sie haben Ihre Brötchen mit Trockenhefe gemacht, weil Sie sagten, dass Ihnen die frische Hefe schlecht wird. Ich habe immer einen Würfel Hefe im Gefrierfach, falls ich sie spontan brauche, habe ich etwas im Haus. Es funktioniert wunderbar, da die Hefe bei Kälte nicht abstirbt. Vielleicht wäre das auch etwas für Sie.
Auch ich wünsche Ihnen weiterhin viele gute Ideen und Erfolg.
Ganz liebe Grüße
Andrea Sundermann
Vielen Dank, liebe Andrea Sundermann. Auch für den Tipp – toll, das werde ich direkt umsetzen! Viele Grüße aus Freiburg
Hallo Frau von Cramm,
ich habe die heutige Folge von das perfekte Dinner verfolgt und muss sagen, dass Sie das wirklich sehr gut gemacht haben. Nicht nur dass Sie eine gute Köchin und Autorin sind, Sie haben auch noch eine sehr angenehme und sympathische Art. Die heutige Folge zu verfolgen war wirklich ein Genuss. Weiterhin gute Ideen und viel Erfolg für Ihre Bücher.
Mit besten Grüßen,
Burkhard Reinberg
Herzlichen Dank Herr Burkhard Reinberg, das ist sehr nett! Auch für Sie alles Gute und viele Grüße aus Freiburg