Freitag, 14. Januar 2022
[Werbung] Heute ist Reinigungstag. Kein Essen, keine Massage. Ich muss eine eklige braune Flüssigkeit mit Fettaugen trinken, die etwas von einem Schierlingsbecher hat. So fühle ich mich jedenfalls. Schließlich trinke ich mir gerade einen Durchfall an – das ist Teil der Reinigung. Die Ärztin erklärt es mir so: Durch die Behandlung der letzten Tage haben sich alle möglichen negativen Substanzen, vor allem das Zuviel an Pitta im Darm gesammelt, die nun ausgeleitet werden müssen. Ich schreibe lieber nicht „Giftstoffe“ oder „Schlacken“, weil es die ernährungswissenschaftlich so nicht gibt. Oder vielleicht doch?
Die Naturheilkunde basiert auf Erfahrungen
Naturheilkunde hat ihre eigene Wahrheit. Die Behandlung soll auch das Pitta-Ungleichgewicht beseitigen. Ich darf nicht in die Sonne, sollte literweise warmes Wasser trinken und lieber in der Nähe des Klos bleiben. Wir gehen trotzdem zuerst heimlich am Strand spazieren. Wo mir so übel wird, dass wir lieber den Heimweg antreten. Auch hier gibt es ein strenges Schema und eine enge Betreuung durch die Ärztin, die mit Kräutertee, der die Reinigung in Schwung bringen soll und später mit Reissüppchen für den Aufbau erscheint und schaut, ob wir noch leben. All die Kräuter haben jedenfalls zur Folge, dass ich Null Hunger oder Appetit habe. Ob das die Folge der Bitterstoffe ist? Jedenfalls perfekt für den Fastentag.
Die Mahlzeiten sind selber schon Medizin
Schon bei meinem ersten Besuch im Barberyn Reef habe ich schnell begriffen, dass ich hier nicht einfach ayurvedisch kochen lernen kann. Zuviel Zutaten, die es bei uns nicht gibt, aufwändiger mit all den unterschiedlichen Gerichten und Toppings als ein deutsches Menü. Aber der Reihe nach. Der Speisesaal ist ein nach allen Seiten offener Raum mit hoher Decke und einem wunderschönen, polierten Estrichboden, der durch regelmäßiges Wachsen eine schillernde Patina bekommen hat. Zur Einrichtung komme ich später.
Wir haben uns „Restricted Diet“ gewünscht, weil wir die Weihnachtskilos loswerden wollen. Morgens und mittags gibt es Buffet. Und an jedem Gericht steht ein Schild – was es ist, ob es bei Diabetes, resticted diet oder Shirodara tabu ist. Die Auswahl ist überwältigend und vegan. Es gibt ganz wenig westliche Zutaten wie Brot, Käse und Butter. Doch die sind alle vollwertig und bei Diät eh verboten. Zum Frühstück gibt es natürlich Kräutertee und Suppe. Danach könnte ich noch Curries essen. Aber ich beschränke mich auf Früchte, die nach Wunsch tranchiert und arrangiert werden. Luxus pur: Papaya, Mango, Maracuja und Guave sind meine Favoriten.
Das Buffet mittags ist noch opulenter. Aber ehrlich: Die Curries sind kaum voneinander zu unterschieden. Gut, dass die Bezeichnung und oft auch das rohe Gemüse selbst mit seiner Wirkung vor jedem „Shaving Dish“ steht. Fast wie bei meinen Rezepten. Scharf sind die Gerichte selten. Ich weiß nicht, ob das ayurvedisch ist oder eine Konzession an den westlichen Geschmack bedeutet. Scharfe Toppings kann man aber selber dazu mischen. Eine Konzession ist sicher auch ein wenig Rohkost – ich freue mich darüber. Abends gibt es ein 4-Gänge-Menü – dekorativ angerichtet und geformt. Selten bin ich auf so leichte Art satt geworden. Ich fühle mich garnicht beschwert, aber rundum zufrieden. Ist das die Wirkung der Bitterstoff? Seit ich mich damit beschäftigt habe, achte ich darauf. Und tatsächlich ist nicht nur die ayurvdische Medizin bitter – auch die meisten Gemüsesorten haben eine Bitternote. An diesem Büffet fällt es schwer, zuviel zu essen. Nur in der Abteilung Dessert finden sich ein paar Hammer. Aber die sind für mich eh tabu. Statt Kaffee gibt es Kräutertees – nachmittags manchmal auch Schwarztee sogar mit Milch, der mir plötzlich unglaublich gut schmeckt. Denn Kaffee ist gestrichen. Was mir die ersten zwei Tage Dauer-Kopfweh bescherte, weil ich eben eine notorische Kaffeetante bin. Alkohol dagegen fehlt mir keine Sekunde. Selbst nicht der „Sundowner“ bei den unglaublich schönen Sonnenuntergängen! Vielleicht spielt es eine Rolle, dass Umgebung und Essen so völlig anders ist.
Ihr wollt mehr über meinen Aufenthalt erfahren? Hier geht es zu Tag!